Rückenschmerzen und die Polyvagaltheorie

 

Wie unser Nervensystem den Rücken beeinflusst

 

Rückenschmerzen sind eine der häufigsten Beschwerden unserer Zeit. Viele denken dabei zuerst an Bandscheibenprobleme, eine schlechte Haltung oder zu wenig Bewegung. Doch was, wenn die Ursachen viel tiefer liegen? Was, wenn der Rückenschmerz nicht nur ein körperliches, sondern auch ein Ausdruck unseres autonomen Nervensystems ist? Die Polyvagaltheorie liefert spannende Erklärungen dafür, wie unser Nervensystem unseren Körper beeinflusst – insbesondere in Stresssituationen.

 

Die Verbindung zwischen Nervensystem und Rücken

 

Unser autonomes Nervensystem steuert viele unbewusste Prozesse in unserem Körper, darunter Muskelspannung und Schmerzempfinden. Laut der Polyvagaltheorie gibt es drei Hauptzustände unseres Nervensystems: den ventralen Vagus-Zustand (Sicherheit und soziale Verbundenheit), den sympathischen Zustand (Kampf- oder Fluchtreaktion) und den dorsalen Vagus-Zustand (Erstarrung und Abschaltung).

 

Wenn wir uns sicher und unterstützt fühlen, ist unser Nervensystem im ventralen Vagus-Zustand, und unser Körper kann sich entspannen. Doch bei chronischem Stress oder traumatischen Erfahrungen wechseln viele Menschen unbewusst in einen dysregulierten Zustand – entweder in einen anhaltenden sympathischen Stressmodus (erhöhte Muskelspannung, Anspannung im Rücken) oder in eine dorsale Erstarrung (Erschöpfung, Verspannungen, Gefühle der Schwere im Körper).

 

Stress als Hauptfaktor für Rückenschmerzen

 

Stress aktiviert das sympathische Nervensystem, wodurch sich die Muskulatur anspannt – oft im Rücken- und Nackenbereich. Bleibt dieser Zustand bestehen, kann das zu chronischen Verspannungen und Schmerzen führen. Menschen, die sich dauerhaft im „Kampf- oder Fluchtmodus“ befinden, haben oft das Gefühl, nie wirklich entspannen zu können.

 

Andererseits kann das Nervensystem bei überwältigenden Belastungen in den dorsalen Vagus-Zustand umschalten. In diesem Zustand sind Menschen emotional und körperlich "abgeschaltet", was sich in Erschöpfung, Antriebslosigkeit und oft auch in einem Gefühl von Schwere oder Spannung im unteren Rücken manifestiert.

 

Was hilft? Regulation des Nervensystems

 

Da Rückenschmerzen eng mit der Regulation des autonomen Nervensystems zusammenhängen, helfen vor allem Methoden, die das Nervensystem wieder in einen ausgeglichenen Zustand bringen:

 

  1. Sichere soziale Verbindungen: Der ventrale Vagus-Zustand wird gefördert durch soziale Verbundenheit. Gespräche mit vertrauten Menschen, Lachen und liebevolle Berührung können helfen, das Nervensystem zu regulieren.
  2. Atem- und Körperübungen: Langsame, tiefe Atmung (z. B. durch die Nase mit verlängertem Ausatmen) sowie sanfte Bewegungen wie Yoga oder Schwingen können helfen, das Nervensystem aus dem Stressmodus zu holen.
  3. Bewusstes Wahrnehmen von Sicherheit: Rituale, angenehme Klänge, warme Getränke oder bewusstes Spüren der eigenen Körpergrenzen können dazu beitragen, sich sicherer zu fühlen und Verspannungen zu lösen.
  4. Integration von Emotionen: Unverarbeitete Emotionen können den Rücken belasten. Ein sicherer Raum, in dem Gefühle ausgedrückt und verstanden werden, kann helfen, das Nervensystem zu entlasten.

 

 

Rückenschmerzen sind oft ein Signal unseres autonomen Nervensystems. Anstatt nur die körperlichen Symptome zu behandeln, lohnt es sich, auf die Regulation unseres Nervensystems zu achten. Indem wir uns wieder mit Sicherheit, sozialen Verbindungen und bewusster Körperwahrnehmung verbinden, können wir langfristig zu mehr Wohlbefinden gelangen – und unser Rücken wird es uns danken.

 

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